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Maschinelles Lernen von Menschenhand

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Das IFL am Karlsruher Institut für Technologie und der IAS an der Universität Stuttgart entwickeln gemeinsam einen anpassungsfähigen Roboter mit Greifsystem, der menschliche Fähigkeiten durch Nachahmung lernt. Dafür haben sie mit dem ICM-Zukunftslabor HaptXDeep in Deutschland einzigartige Forschungsinfrastruktur aufgebaut, finanziert aus Mitteln des InnovationsCampus Mobilität der Zukunft.

Edgar Welte schnappt mit den Fingern nach der Luft und bringt den Roboter dem Menschsein einen Handgriff näher. So soll es zumindest in naher Zukunft sein. Noch steuert der Forscher mit dem Virtual-Reality-Handschuh von HaptX nur den Roboter und die humanoide Shadow Dexterous Hand fern, die direkt daneben nach einem Werkzeug greift. Aufgebaut haben der Doktorand und Juniorprofessorin Rania Rayyes das ICM-Zukunftslabor HaptXDeep am Institut für Fördertechnik und Logistik Systeme (IFL) des KIT, um ein Robotergreifsystem zu entwickeln, das menschliche Tätigkeiten durch Imitation erlernt. Das deutschlandweit erste Labor mit dem Komplettsystem der Firma Shadow Robot steht in Karlsruhe, an den Forschungsarbeiten beteiligt sich aber auch das Institut für Automatisierungstechnik und Softwaresysteme (IAS) der Universität Stuttgart. Die Institute entwickeln gemeinsam einen lernenden Roboter mit einem Greifsystem, der schnell und flexibel aber auch zuverlässig und sicher auf veränderte Anforderungen, Produktdesigns oder Materialien reagieren kann. Finanziert hat die 200.000 Euro teure Forschungsinfrastruktur der InnovationsCampum Mobilität der Zukunft.

© Amadeus Bramsiepe, KIT

Programmieren von Robotern für industrielle Tätigkeiten ist bislang ein langwieriger Prozess. Auf das Schreiben des Codes folgt das Testen und darauf das Modifizieren, so oft bis die Maschine einen Prozess zuverlässig ausführt. Diese Lernphasen sind zu lang für die Produktionstechnologien der Zukunft, die auf eine schnelle Anpassungsfähigkeit angewiesen sind. "Einen Roboter einsatzbereit zu machen, darf in Zukunft nicht mehr länger dauern, als einen neuen Mitarbeiter einzulernen", sagt Edgar Welte. Um dieses Ziel zu erreichen, möchte das Team den Robotern beibringen, auf die gleiche Weise zu lernen wie ein Mensch. Wie Auszubildende von ihren Meisterinnen und Meistern lernen, soll ihr Robotergreifsystem von einem Operator lernen, wie sie neue Werkzeuge nutzen, unterschiedliche Materialien anfassen, ganze Arbeitsschritte ausführen oder auf Veränderungen in Produktionsprozessen reagieren. "Wir setzen für unser System autonomes Imitation Learning und Deep Reinforcement Learning ein. Der Roboter lernt die Fähigkeiten durch die Interaktion mit dem Menschen intuitiv und sofort", erklärt Rania Rayyes. Durch den Ansatz verkürzen sich neben dem ursprünglichen Programmierprozess auch Umrüstzeiten.

Menschliches Lernen ist ein Informationsaustausch. Die Beteiligten sprechen miteinander, interpretieren visuelle Informationen und stellen Rückfragen. Im Zukunftslabor HaptXDeep kommunizieren die Forschenden mit dem Roboter per Daten. Edgar Welte generiert durch seine Bewegungen mit dem HaptX-Glove Daten und erklärt damit dem sechsachsigen Cobot, wie er sich drehen und Werkzeuge oder Werkstücke packen muss. Durch die 20 Stellmotoren kann die Shadow Dextorous Hand die menschliche Greifbewegungen fast exakt nachbilden, besser als jeder andere Greifarm auf dem Markt. Die Drucksensoren in den mechanischen Fingern geben dem Operator direktes Feedback. Edgar Welte spürt durch kleine Luftpolster im HaptX-Glove, sobald das Gewicht zunimmt oder das Werkzeug falsch in der Hand liegt. Dann fasst er sofort nach und der Greifer tut es ihm gleich. Der Forscher korrigiert den Fehler des Roboters in Echtzeit. Auch das wird eine wichtige Funktion, wenn die Maschine später gestützt auf ihre Künstliche Intelligenz selbstständig lernen kann. "Durch die unmittelbaren Korrekturen können wir die Fähigkeiten unseres Systems schnell erweitern und ersparen uns Monate an Arbeit für die Neuprogrammierungen", erklärt Rania Rayyes.

Das Zukunftslabor HaptXDeep hat eine Doppelfunktion. Es ist die Hardware für die Erforschung und Entwicklung der Software-gestützten Technologien und gleichzeitig der Demonstrator für deren Funktionsfähigkeit. "Es ist für mich eine einzigartige Gelegenheit, dass ich für meine Forschungsarbeiten mit einem so hochwertigen Labor arbeiten kann", sagt Edgar Welte. Mit seiner Promotion zum Thema "Interactive Imitation Learning for Dexterous Manipulation" wird er einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung des Gesamtsystems liefern. Daneben soll es in HaptXDeep noch Projekte zur Sensorik, alternativen Teleoperationsmethoden wie Gestenerkennung über Motion Tracking oder zur Regelung der unterschiedlichen Finger geben.

Das schließt auch Kooperationen mit Unternehmen wie Bosch AI oder anderen Hochschulinstituten ein. "HaptXDeep soll in der Forschung möglichst viele Türen öffnen", erklärt Rania Rayyes. Eine davon führt ans IAS der Universität Stuttgart zur Gruppe von Juniorprofessor Andrey Morozov. Im Rahmen von Kooperationsprojekten werden die Forschenden in Stuttgart Methoden entwickeln, um die Sicherheit und die Zuverlässigkeit des anpassungsfähigen Roboters zu gewährleisten. Fehlerinjektion über digitale Zwillinge werden als Testverfahren des Systems zum Einsatz kommen, Deep-Learning-Systeme sollen dem Roboter helfen Anomalien selbst zu erkennen und damit Fehler vorherzusagen. Diese soll er auf Basis des Erlernten irgendwann auch autonom korrigieren können. Entwickelt wird dieser Teil der Software in Stuttgart und getestet im Reallabor des IFL am KIT. HaptXDeep ist hochmoderne Forschungsinfrastruktur und zugleich eine Schnittstelle, über die der ICM herausragende Forschende des Landes zusammenbringt, um gemeinsam bahnbrechende Lösungen zum Human Robot Learning zu entwickeln.

Download

Bilder des Zukunftslabors LAB 20 HaptXDeep können Sie hier herunterladen. Die Verwendung der Bilder ist ausschließlich in dem oben genannten Zusammenhang gestattet. Fotoquelle: Amadeus Bramsiepe, KIT

Kontakt

 

Benjamin Büchner

Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit, InnovationsCampus Mobilität der Zukunft

E-Mail: medien(at)icm-bw.de

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