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Mit Schallgeschwindigkeit in die Zukunft

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Die Entwicklung visionärer Mobilitätskonzepte wird oft von nicht kommerziellen Initiativen angetrieben. Eine davon ist der studentische Verein mu-zero Hyperloop, den der InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM) unterstützt.

"Kurzstreckenflüge haben den Transrapid gekillt", sagt Philipp Kunze. Krachender lässt sich das Scheitern der einst gefeierte Magnetschwebebahn kaum beschreiben. Trotzdem glaubt Phillip, dass ausgerechnet ein Mobilitätskonzept das Ende der Kurzstreckenflüge bedeuten könnte, bei dem einige Ansätze vom Transrapid stammen: Elon Musks Vision vom Hyperloop, bei dem Pods genannte Kabinenfahrzeuge lokal emissionsfrei und annähernd mit Höchstgeschwindigkeit durch eine fast luftleere Röhre schweben. Denn Phillip studiert nicht nur Maschinenbau am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), sondern ist derzeit auch Technischer Leiter (CTO) bei mu-zero Hyperloop e.V., einer Forschungsinitiative von 43 Studentinnen und Studenten an vier Hochschulen in Baden-Württemberg. Sie wollen aus der Vision Wirklichkeit machen und treiben deshalb die Grundlagenforschung am Hyperloop-Konzept voran. Zu ihren direkten Unterstützern gehört auch der InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM).

Schnell und nachhaltig von Metropole zu Metropole

Die Klimakrise hat Kurzstreckenflüge längst in Verruf gebracht. Damit für die Reise von Berlin nach Karlsruhe oder Warschau, von Frankfurt nach Hamburg oder von London nach Edinburgh niemand mehr in ein Flugzeug steigt, müssen aber konkurrenzfähige Zukunftstechnologien geschaffen werden. "Es ist keine Frage, ob wir diese Technologien wollen. Wir brauchen sie als Alternative, wenn die Mobilität der Zukunft schnell und nachhaltig werden soll", sagt Phillip. Diese Überzeugung stärkt unter den Vereinsmitgliedern den Glauben an die Zukunftsvision Hyperloop. Da ein Pod nahezu ohne Luftwiderstand und reibungslos durch die Vakuumröhre schwebt, könnte er durchaus eine Geschwindigkeit von 1000 km/h oder mehr erreichen. Angetrieben durch Linearmotoren, deren Energie sogar aus Solarpanelen auf der Röhre kommen soll. Die Reisezeiten eines Hyperloops entlang der bestehenden Eisenbahnschienen haben die Studierenden für eine Business Analyse ausgerechnet: zum Beispiel von Frankfurt nach Hamburg in 35 Minuten oder von Berlin nach Warschau in 85 Minuten. Obwohl ihre Routen länger sind, wären die Pods in beiden Fällen schneller oder genauso schnell wie ein Flugzeug. "Ein Hyperloop kann Regionen auf eine Art miteinander vernetzen, die sonst unvorstellbar ist. Er macht sogar das Pendeln zwischen Metropolen möglich", sagt Thorben Müller, der bei mu-zero das Team für Aerodynamik leitet und an der Universität Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik studiert.

Gegründet wurde mu-zero vor drei Jahren als Verein von Studierenden des Karlsruher Instituts für Technologie und der Hochschule Karlsruhe, sowie der Universität Stuttgart und der Hochschule für Medien in Stuttgart. Die Kooperation verdeutlicht den ganzheitlichen Ansatz der Initiative. Es geht eben nicht nur um die Technik, sondern auch um Kommunikation, Außendarstellung und Marktforschung. "Menschen akzeptieren Dinge oft nicht, die sie nicht verstehen. Deshalb wollen wir ihnen das Konzept Hyperloop durch unsere Kommunikationsarbeit näherbringen", sagt Héloïse Wagner, Vereinsvorsitzende (CEO) bei mu-zero und Mechatronik-Studentin am KIT.

Nachhaltigkeit beginnt schon mit den Produktionstechniken

Am Ende muss der Hyperloop aber durch seine technologischen Stärken im Alltag überzeugen, an deren Entwicklung mu-zero maßgeblich mitarbeitet. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen der Aerodynamik, der Antriebs- und Schienentechnologie und der Levitationstechnik. Zum Teil betreibt der Verein die Grundlagenforschung durch ausgeschriebene Abschlussarbeiten, vor allem aber durch die Entwicklung und Verbesserung ihrer  Pods und Antriebssysteme. Während die Kabinen in der Ur-Vision des Hyperloops auf Luftpolstern schweben, hat sich bei mu-zero und fast allen anderen Initiativen die Magnetschwebetechnik durchgesetzt. Ziel des Vereins ist es dabei Jahr für Jahr bis zur European Hyperloop Week (EHW), die 2023 im Juli in Edinburgh stattfindet, einen verbesserten Prototyp vorzeigen zu können. Die Veranstaltung ist der Saisonhöhepunkt, auf den die komplette Dokumentation und Entwicklung ausgerichtet ist.

Neben Preisen haben die wechselnden Teams von mu-zero in den vorangegangenen Jahren von der EHW aber auch die Erkenntnisse mitgebracht, auf deren Basis die nächste Generation die bisherigen Ansätze und Strategien weiterentwickeln konnten. Zu Beginn der neuen Saison ist die aktuelle Crew im Herbst zum Beispiel auf eine Doppelschiene mit ferromagnetischen Elementen umgestiegen, zu der der Pod keinen Kontakt mehr hat. Da bei der EHW die Nachhaltigkeit über den kompletten Lebenszyklus des Produkts wichtig ist, stellen die Aerodynamiker die Hülle der Kabine mittlerweile aus Flachsfaser-Verbundstoff her. Die Form bestand in dieser Saison erstmals aus zugeschnittenen Schablonen aus Recyclingkarton, die mit Vliesen und Folien überzogen sind.

© mu-zero HYPERLOOP e.V.

Mehr als eine Zukunftsvision

Was bei der Grundlagenforschung am Hyperloop noch fehlt, ist die luftleere Röhre. Deren Bau wäre so teuer, dass ein studentischer Verein oder Forschungsinstitute die Investition kaum stemmen könnten. Trotzdem ist die Arbeit der 43 Mitglieder von mu-zero jetzt schon bahnbrechend. Visionäre Konzepte werfen während ihrer Erforschung oft schon Technologien oder Weiterentwicklungen ab, die eine breite Anwendung finden. "Wir arbeiten an nichts, für das ein Hyperloop die einzige Anwendung wäre", sagt Thorben Müller.

Ohne Förderung wäre die Arbeit von mu-zero nicht möglich. Wobei die Unterstützung nicht zwingend finanziell sein muss, sondern auch aus Material, Werkstattausstattung, Designsoftware, Rechnerkapazitäten oder sogar Büroräumen bestehen kann. Die Geschäftsleitung und das Sponsoring-Team gehen quasi Saison für Saison auf Sponsorensuche – ähnlich einem Start-up, das für seine Ideen Investoren sucht. Die Vereinsstrukturen erinnern grundsätzlich an ein junges und agiles Unternehmen. Héloïse als CEO und Philipp als CTO arbeiten eng mit den Teamleitern der verschiedenen Fachbereiche wie Aerodynamik, Schwebetechnologie, Schienenbau oder Marketing und Finance zusammen, wobei übergeordnete Leitlinien festgelegt werden. Bei der konkreten Umsetzung arbeiten die Teams dann relativ frei und stimmen ihre Prozesse untereinander ab. Wer wollte, könnte bei mu-zero sogar eine komplette Karriereleiter durchlaufen, von der ersten Mitarbeit, über die Teamleitung, bis zur Geschäftsführung. Dadurch geht der Mehrwehrt für jedes einzelne Mitglied weit über die technologische Pionierarbeit hinaus. "Hard Skills lassen sich auch an der Uni oder im Praktikum lernen. Wir lernen dazu noch Projektplanung, Zeitmanagement, hochschul- und standortübergreifende Kooperation und eigenverantwortliches Arbeiten", erzählt Héloïse. Ein bisschen wie bei einem Förderprogramm für angehende Führungskräfte in Kombination mit einer Teambuilding-Maßnahme. Denn zur EHW dürfen alle Mitglieder mitkommen, die hinmöchten. Die Hauptdarsteller sind aber definitiv der Pod und die Schienenkonstruktion. Wie diese aussehen werden, zeigt sich bei der Präsentation des Prototyps während des Hyperlaunchs in Karlsruhe.

 

 

Weiterführende Informationen

Kontakt

 

Benjamin Büchner

Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit, InnovationsCampus Mobilität der Zukunft

E-Mail: medien(at)icm-bw.de

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