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ICM-Talents auf den Spuren internationaler Mobilitätswelten

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Die ICM-Talents sind im Rahmen der Future Mobility Grants weltweit unterwegs, um ihre wissenschaftlichen Projekte weiter voranzutreiben. Dort erfahren sie auch, wie sich die Menschen in und um Boston, Shanghai und Toronto fortbewegen. Was die drei Forschenden dabei besonders fasziniert oder auch verwundert, erzählen sie im zweiten Teil unserer Serie.

In der zweiten Folge berichten unsere drei Talents darüber, wie sie in Boston, Shanghai oder Toronto unterwegs sind. Denn die drei tauchen während ihrer Aufenthalte in  die Mobilitätswelten der Gastländer und -städte ein, die einige Überraschungen bereithalten. Was bei uns in Deutschland als Mobilität der Zukunft gilt, ist in manchen Ländern schon Gegenwart. Wollt ihr mehr über die "Mobility-Wow-Momente" der drei wissen oder wie sie in Boston, Shanghai oder Toronto am besten von A nach B kommen? Dann lest einfach weiter.

Eugen Ernst-University of Toronto, Kanada

 

"Das breite Mobilitätsangebot Torontos macht es mir leicht, von einem Ort zum anderen zu gelangen. Ähnlich wie in Deutschland gibt es hier Straßenbahnen, U-Bahnen und Züge sowie ein gut ausgebautes Bikesharing-System. Torontos Infrastruktur für Fahrradfahrer ist hervorragend und die Abdeckung und Zugänglichkeit von Bikesharing-Stationen ist sehr gut. Trotz des hohen Verkehrsaufkommens in der Innenstadt ist es leicht, von A nach B zu kommen. E-Scooter hingegen sucht man hier vergebens, was für weniger Chaos auf den Straßen und Gehwegen sorgt.

Ein weiterer Unterschied ist die einfachere Bezahlung: Tickets kaufe ich bequem mit Kreditkarte oder ApplePay. Ich halte einfach nur die Karte oder das Smartphone an einen NFC-Scanner und kann dann einsteigen. Ein Mobilitäts-Kulturschock ist aber die Unzuverlässigkeit der Straßenbahnen der Toronto Transit Commission (TTC). Wer hier die Tram nutzen möchte, sollte großzügige Zeitpuffer einplanen. In einigen Fällen musste ich über 30 Minuten warten, obwohl die Straßenbahn laut Fahrplan alle zehn Minuten kommen sollte – während gleichzeitig in der Gegenrichtung mehrere Straßenbahnen hintereinander in Kolonne fuhren. Nach dieser Erfahrung ist meine Wertschätzung für die Pünktlichkeit der S-Bahnen in Deutschland doch wieder gewachsen."

Name/Institut: Eugen Ernst - Institut für Automatisierungstechnik und Softwaresysteme (IAS), Universität Stuttgart

Forschungsthema: Tracking und Formschätzung von Objekten für Fahrerassistenzsysteme und das robotische Greifen

Gastinstitut: Toronto Intelligent Systems Lab (Vector Institute for Artificial Intelligence), University of Toronto - Kanada

Annika Bastian-Shanghai Jiao Tong University, China

 

"In Shanghai bestreitet man alles erfolgreich mit einer App! Fahrrad ausleihen, Alipay. Flug buchen, Alipay. Schnellzüge, Metros, Busse fahren, Alipay. Taxis bezahlen, Alipay. Das Faszinierende ist, dass ich mit einem Klick auch anderswo alle Mobilitätssysteme nutzen kann. Sobald ich in einer neuen Stadt ankomme, zeigt mir Alipay nämlich an, dass ich ins neue Netz wechseln kann. Von WeChat haben die meisten wahrscheinlich schon gehört. Dass auch Alipay ein absolutes Mobilitäts-Muss für China ist, weiß vielleicht noch nicht jeder. Chinas Metropolen sind dem analogen Zeitalter generell längst entwachsen. Ich bin hier immer ohne Schlüssel unterwegs, denn es gibt nichts, was nicht mit meinem Handy oder meinem Gesicht entsperren werden kann."

Name/Institut: Annika Bastian - Institut für Produktentwicklung (IPEK), KIT

Forschungsthema: Entwicklung einer Unterstützung zur Stärkung positiver und Überwindung negativer Einflüsse kultureller Unterschiede auf das kreative Problemlösen in standortverteilten Produktentwicklungsteams

Gastinstitut: School of Mechanical Engineering, Shanghai Jiao Tong University - China

Marvin May-Massachusetts Institute of Technology, USA

 

"In den USA gibt es für alle Wege eigentlich nur ein vierrädriges Fortbewegungsmittel namens Auto. Gefühlt existieren hier so viele Autos wie Menschen. Wenn in Wohnsiedlungen auf der Straße kein Parkplatz mehr frei ist, stellen die Nachbarn ihre Autos auch mal auf leeren Bauplätzen ab – je nach Tag auch am Bauzaun. Jeder Quadratfuß, mit dem metrischen System hat man es hier nicht so, wird in Boston ausgenutzt. Im Kern ist der Mobilitätswandel in Boston aber weiter vorangeschritten als in anderen US-Metropolen und zumindest auf europäischem Niveau. Die Verwaltung gestaltet Hauptstraßen fahrrad- und fußgängerfreundlich um und richtet dezidierte Radwege ein – dass die Fahrradfahrer dann am Zebrastreifen auch anhalten steht auf einem anderen Blatt. Angeblich können auch viele Amerikaner gar kein Fahrrad fahren, von daher vielleicht gar nicht so verwunderlich. Busse müssen auf vielen Linien auch einen Fahrradträger dabeihaben.

Durch das „T“, die Bostoner U-Bahn, ist alles gut, günstig und schnell angeschlossen. Das T ist aber aus internationaler Sicht sehr uneinheitlich. So kann man zwar sehr fortschrittlich überall mit Kreditkarte oder NFC am Handy seine Strecken bezahlen: ein tap und rein in die U-Bahn oder den Bus. Der Ausbauzustand und die Fahrzeuge sind allerdings im letzten Jahrhundert stecken geblieben. Der Innovationsgeist bringt hier auch interessante Kombinationen hervor, zum Beispiel die Silver Line. Das ist eine Art Bus-U-Bahn, in der Busse in Tunneln mit unterirdischen Stationen fahren, sich außerhalb des Stadtzentrums dann aber ganz normal in den Verkehr einfädeln. Schlecht ist das Konzept nicht, es scheint aber auch nicht alle Hoffnungen zu erfüllen.

Menschen zu Fuß sehe ich hier in der Regel aber nur auf dem Campus des MIT in Cambridge oder direkt in der Innenstadt Bostons. Die Faustregel sagt: Ist der Weg zu Fuß länger als zum Auto, zur Metro oder zum Bus,  läuft der Amerikaner nicht – außer zum Joggen. Naja, mit dem Winter, der hier langsam aufzieht, ist man auch froh, nicht zu lange im Kalten zu sein."

Name/Institut: Dr. Marvin May - wbk Institut für Produktionstechnik, KIT

Forschungsthema: Al4NAPP - Artificial lntelligence für Nachhaltige Aggregierte Produktionsplanung

Gastinstitut: Department of Mechanical Engineering, Massachusetts Institute of Technology (MIT) - USA

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